Die Anforderungen an den Sachkundenachweis hängen vom Zeitpunkt der ersten vergüteten, berufsmäßigen Betreuerbestellung ab:
Vor dem 1.1.2020 („Altbetreuer“): kein Sachkundenachweis, Sachkunde wird vermutet
§ 32 Abs 2 Satz 1 BtOG: „Bei Personen, die zum 1. Januar 2023 bereits seit mindestens drei Jahren berufsmäßig Betreuungen geführt haben, ist davon auszugehen, dass sie über die nach § 23 Abs 1 Nr. 2 BtOG erforderliche Sachkunde verfügen“.
Diese Formulierung stellt eine unwiderlegbare Vermutung dar. Wer die Anforderung erfüllt (vor dem 1.1.2020 erstmalig berufsmäßig bestellt und danach drei Jahre ununterbrochen weiter bestellt), muss keinen Sachkundenachweis erbringen. Wenn der Zeitraum der Bestellung zwischen dem 1.1.2020 und dem 31.12.2022 unterbrochen wird, müsste die Stammbehörde nach dem Wortlaut der Norm eine Einstufung als Bestandsbetreuer vornehmen (Sachkundenachweis ohne Prüfung). Wer erst nach dem 1.1.2023 erneut berufsmäßig bestellt wird, wäre sogar als Neubetreuer zu behandeln, müsste also einen Sachkundenachweis mit Prüfung erbringen. Wenn die Unterbrechung durch Kindererziehungszeiten oder Angehörigenpflege bedingt war, wird die Stammbehörde wegen Art. 6 Grundgesetz doch eine Einstufung als Altbetreuer vornehmen müssen.
Ab dem 1.1.2020 („Bestandsbetreuer“): Sachkundenachweis ohne Prüfungen bis 30.06.2025
§ 33 Satz 1 BtOG-E; §§ 7, 15 BtRegVO-E: Der Gesetzgeber will es Bestandsbetreuern erleichtern, in der berufsmäßigen Betreuertätigkeit zu bleiben. Deshalb sollen sie zwar ihre Sachkunde nachweisen müssen, aber nicht in Form von geprüftem Wissen, d.h. hier reichen auch Zertifikatskurse oder andere Betreuerfortbldungen, für die allerdings Teilnahmebestätigungen im Umfang der Inhalte aller 11 Module vorzulegen sind. Dies ergibt sich aus der Kombination zweier schwer verständlicher Regelungsentwürfe im Änderungsgesetz zum BtOG und in der Registrierungsverordnung.
§ 33 BtOG-E Vorläufige Registrierung: Antragsteller, die die (sonstigen) Voraussetzungen für eine Registrierung erfüllen, kann die zuständige Stammbehörde vorläufig registrieren, wenn sie die erforderliche Sachkunde teilweise nachweisen können und den vollständigen Sachkundenachweis nur noch nicht erbringen können, weil die hierfür notwendigen Studien-, Aus- oder Weiterbildungsangebote nicht verfügbar sind. Die vorläufige Registrierung endet spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2025. Zwar ist damit zu rechnen, dass viele Sachkundelehrgänge im Laufe des Jahres 2023 beginnen und einige schon im Laufe des Jahres absolviert werden können. Andere werden über einen längeren Zeitraum laufen. Daher werden es die Stammbehörden zulassen, dass Bestandsbetreuer erst am 30.06.2025 ihre vollen Sachkundenachweise erbringen müssen.
Während Neubetreuer zu diesem Zeitpunkt Nachweise mit Prüfungen vorlegen müssen, brauchen Bestandsbetreuer keine geprüften Nachweise zu erbringen. Nach § 15 der Betreuerregistrierungsverordnung reichen für den Sachkundenachweis der Bestandsbetreuer „Unterlagen, die den Erwerb von Kenntnissen belegen, die nach Inhalt und Umfang den Voraussetzungen des Sachkundelehrgangs im Wesentlichen entsprechen“. „Inhalt und Umfang“ bezieht sich auf die 11 Module, aber nicht auf die Prüfungsanforderung.
Wegen § 7 BtRegVO-E reichen als ungeprüfte Sachkundenachweise auch anderweitige Nachweise, z.B. Zertifikatskurse und alle weiteren Teilnahmebestätigungen von Betreuerfortbildungen aus. Diese müssen aber die inhaltlichen Anforderungen der Module erfüllen, insbesondere sich auf die aktuelle Rechtslage bei den betreuungs- und sozialrechtlichen Modulen beziehen. Die Nachweise müssen auch Übungsanteile in noch ungeklärtem Umfang enthalten. Anerkannte Lehrgangsanbieter werden Bestandsbetreuer voraussichtlich modulbezogene Übungseinheiten anbieten.
Ab dem 1.1.2023 („Neubetreuer“): Sachkundenachweis mit Prüfungen bis 30.06.2025
§§ 33 BtOG; 5, 6 Abs 3 BtRegVO-E Nachweis der Sachkunde durch betreuungsspezifische Studien-, Aus- oder Weiterbildungsgänge oder durch Sachkundelehrgang: Die erforderliche Sachkunde kann durch ein Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss eines anerkannten Studiengangs oder eines Sachkundelehrgangs nachgewiesen werden. Jedes Modul endet mit einer Prüfung, deren Bestehen den erfolgreichen Abschluss des Moduls nachweist. Neubetreuer müssen Sachkundelehrgänge nach Inhalt und Umfang der Module einschließlich von Übungseinheiten nach § 6 Abs 2 Satz BtRegVO-E absolvieren und danach Modulprüfungen ablegen. Die Prüfungsarten und Anforderungen legen die Lehrgangsveranstalter fest, sie sind Gegenstand der Veranstalteranerkennung. Bei Bestandsbetreuern reicht die Teilnahme an Fortbildungen und an den zugehörigen Übungseinheiten aus.
Die Stammbehörde kann Antragsteller nach § 33 BtOG vorläufig registrieren, die die erforderliche Sachkunde nur teilweise nachweisen können und den vollständigen Nachweis nur deshalb noch nicht erbringen können, weil die hierfür notendigen Studien-, Aus- oder Weiterbildungsangebote nicht verfügbar sind. Was „teilweise“ bedeutet, wird in der Gesetzesbegründung nicht konkretisiert. „Nicht verfügbar“ heißt, dass das Angebot an Sachkundelehrgängen knapp bzw. „sehr nachgefragt“ sein muss. Die Ermessenserwägungen der Stammbehörde, ob sie Neubetreuer vorläufig registriert, setzen auch da an, ob der Sachkundenachweis bereits vor dem 30.06.2025 erbracht werden kann. Die vorläufige Registrierung kann demnach kürzer befristet wird, weil der Neubetreuer schon vorher in der Lage ist, den Sachkundenachweis zu erbringen, d.h. einen Lehrgang, Studiengang oder Weiterbildungsgang mit Prüfungen zu absolvieren.
Ob und wie lange befristet Neubetreuer vorläufig registriert werden, dürfte vom örtlichen Betreuerbedarf abhängen: bei Betreuermangel wird die Stammbehörde großzügig sein, bei Betreuerüberschuss die vorläufige Registrierung eher versagen und erst die Vorlage eines Sachkundenachweises fordern. Die Stammbehörde hat freies Ermessen, was sie unter „teilweiser Sachkunde“ versteht - und dann die Registrierung von vornherein versagt oder Ermessen betätigt und eine Frist gewährt oder die vorläufige Registrierung ohne Fristsetzung vor dem 30.06.2025 vornimmt.
Neubetreuer können nur die Inhalte abgeschlossener Studien- oder Ausbildungsgänge auf ihre Modulprüfungen anrechnen lassen
§§ 5, 7 Abs 1 BtRegVO-E: Neubetreuer, die geprüfte Sachkundenachweise ablegen müssen, können nur die Inhalte abgeschlossener Studien- oder Ausbildungsgänge auf die abzulegenden Modulprüfungen anrechnen lassen. Es werden bundesweit fünf betreuungsspezifische Studiengänge durchgeführt, deren Abschlüsse gegenwärtig zwar für die Vergütungstabelle C qualifizieren, aber Sachkundenachweise noch nicht vollständig ersetzen. Die Hochschulen werden aber für ihre Absolventen die Voraussetzungen dafür schaffen.
Ausbildungsgänge nach dem Berufsbildungsgesetz, die einen vollständigen Sachkundenachweis ersetzen, gibt es noch nicht und wird es wahrscheinlich auch nicht geben. Ob Ausbildungsabschlüsse im Pflege- und Erziehungsbereich auf einzelne Module anrechenbar sein werden, ist gegenwärtig noch nicht erkennbar. Ähnlich wie bei den Studiengängen gibt es Weiterbildungsgänge, die auf jeden Fall für Bestandsbetreuer teilweise anrechenbar sein werden. Ob auch für Neubetreuer, hängt davon ab, ob solche Zertifikatslehrgänge mit Prüfungen enden oder deren Anbieter die Nachholung von Prüfungen anbieten.
Bis auf weiteres kann der Sachkundenachweis vollständig nur erbracht werden mit dem Besuch von Lehrgängen, die noch von den überörtlichen Betreuungsbehörden zertifiziert werden müssen.
§ 6, § 5 Abs 1 bis 3 BtRegVO-E: Vor der Verabschiedung der Betreuerregistrierungs-Verordnung am 8. Juli im Bundesrat kann niemand, kein Weiterbildungsanbieter und keine Betreuungsbehörde, genau sagen, welche Inhalte Sachkundelehrgänge haben werden, wie lange sie dauern, wie sie ablaufen und was sie kosten werden. Um die Anforderungen an die Lehrgänge wird in den nächsten Wochen noch weiter gerungen.
Wenn es bei 360 Unterrichtseinheiten a 45 min. und den Inhalten der 11 Module nach dem Verordnungsentwurf bleiben sollte, kann zumindest die inhaltliche Gliederung der Module skizziert werden: das Berufsbetreuer Fortbildungswerk wird seinen Lehrgang voraussichtlich mit diesen Inhalten (Link setzen auf …) zur Zertifizierung bei der überörtlichen Betreuungsbehörde in Berlin anmelden.
Die entsprechenden Lehrgangsteile können von Bestandsbetreuern schon gebucht werden; für die Anerkennung als anderweitige Nachweise durch die Stammbehörden kommt es nicht auf die Zertifizierung nach § 8 BtRegVO-E an. Für Neubetreuer wird sich im Laufe des 3. Quartals klären, welche Veranstaltungen sie schon in diesem Jahr belegen können und sicher auf die Sachkundelehrgangsanforderungen angerechnet bekommen werden. Modulprüfungen können erst nach der Zertifizierung im Jahr 2023 durchgeführt werden.
Von den vorstehend zitierten Rechtsgrundlagen für den Sachkundenachweis ist bisher noch keine tatsächlich in Kraft getreten. Das Betreuungsorganisationsgesetz und die Änderungen des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes sind beschlossen, treten aber erst am 1.1.2023 in Kraft. Für das BtOG befindet sich bereits ein Änderungsgesetz – BtOG-E – im parlamentarischen Verfahren.
Das zuständige Bundesministerium der Justiz hat den Entwurf einer „Betreuerregistrierungsverordnung“ – BtRegVO-E – veröffentlicht, in der die Einzelheiten des Registrierungsverfahrens und des Sachkundenachweises geregelt werden sollen.